Der unbekannte Rennfahrer
Ich sehe das Kopfsteinpflaster, dass die Lust am Radfahren abrupt abnehmen lässt. Doch es gibt kein Kneifen. Jeder hat die gleichen Voraussetzungen - 45 Runden, 80km.
Die Zuschauer an der Rennstrecke sind alle sauber gekleidet, spazieren herum und essen Würstchen.
Viele Fahrergesichter am Start kenne ich. Doch alle, auch die Routinierten, sind nervös.
Da plötzlich, der Startschuss fällt. Nix mit lockerem einrollen. Nach den ersten Rennkilometern merke ich, dass alle auf Anschlag fahren und keiner im Traum daran denkt, die Beine mal hochzunehmen.
Ich wäre lieber auf einem Drachen mit spitzen Rückenschuppen geritten als auf diesem Pflaster. Aber egal, immer wieder werden vorne, unter dem tosenden Beifall der Zuschauer, Attacken gefahren. Gerade so, als ob das Tempo nicht schon hoch genug wäre. Die verkrampften Gesichter der anderen Fahrer jagten mir ein Schrecken ein. Wie sehe ich wohl aus. Ich spüre irgendwann ab der 20sten Runde, wie die Handgelenke taub werden und Schmerzen an anderen Stellen langsam die Wahrnehmungsgrenze überschreiten.
Was mich vom Aufgeben abhält, ist das Publikum. Die anfeuernden Zuschauer schaffen jetzt, was sonst nur ein bellender Hund schaffen würde.
Mittlerweile ist es stockdunkel - nur im Zielbereich leuchtet grell das Scheinwerferlicht.
Das Ziel ist erreicht. Es ist vollbracht. Die Zuschauer feiern uns, die "Helden der Kopfsteinpflasterstraße". Wir verfluchen die letzten beiden Stunden und wissen genau: Wir sind beim nächsten Rennen "Rund um den Pfaffenteich" wieder dabei.